Ungerechtes Training

Ungerechtes Training -LOT

Nach dem letzten Training kam ich regelrecht gekocht von meinem 21 km Longrun zurück. Ich kann nicht sagen, warum ich jetzt gerade das Bedürfnis danach hatte, aber ich wollte mich endlich für mein nächstes Trail-Event eintragen.

Als ich das OK von meiner Liebsten hatte, habe ich mich eingetragen und in exakt 12 Wochen werde ich zum Saisonabschluss einen 36-km-Lauf mit ca. 1400 hM absolvieren. Warum ist mir das in dem Moment so wichtig? Ich kann es nicht genau sagen. Einerseits bin ich im Moment in einer top Form und um mich weiterhin zu motivieren, hilft es, ein Ziel vor Augen zu haben. Ausserdem denke ich, dass ich die Ausdauer und Geschwindigkeit gegenüber dem letzten Lauf verbessern kann.

In der Regel brauche ich keine externe Motivation, um mein Training beizubehalten. Ich habe gelernt, dass es mir körperlich und auch psychisch besser geht, wenn ich mich mehr bewege. Früher hatte ich nach einem Wochenende, mit wenig Aktivität und viel herumsitzen oft Rückenschmerzen. Ich war unausgeglichen, zum Teil gereizt und meine Toleranz liess nach. Sobald ich ein paar Abdrücke auf den Asphalt oder besser noch auf einen Trail trete, bleiben die Beschwerden aus. Und ich setze mich ein paar Stunden mit meinen Gedanken auseinander, dadurch werde ich ausgeglichener.

Aber trotzdem, um meine Motivation anzuheben, und eine dritte Einheit in meine Woche einzubauen, hilft es mir ein Ziel vor mir zu haben. Das wird mir Woche für Woche aufzeigen, dass ich meine Kondition steigern muss. Zwar kann ich mir auch ohne offizielles Event ein “künstliches” Ziel setzen. Wie zum Beispiel einen Berg zu erklimmen oder um einen See zu laufen. Aber seit meinem ersten Trail-Event weiss ich, dass es durchaus seinen Reiz hat, mit Anderen zu laufen, zu leiden und am Ende ins Ziel zu kommen.

Nun, da ich mich für den nächsten Trail eingetragen habe, kann ich ja auch wieder mal die Trainingsvorschläge meiner Uhr annehmen, dachte ich. Ausserdem muss ich in einer Stunde los, um meine Tochter ins Training zu fahren. Somit passt mir der Vorschlag für das 41-Minuten-Training ganz gut. Unglücklicherweise hatte das Training einen Block von 21 Minuten bei 165 BPM – also einem Puls von 165 Schlägen pro Minute. Phuu, das wird hart! Was für ein ungerechtes Training schlägt mir meine Uhr hier von? … was solls, los gehts!?

Zum Aufwärmen heisst es 10 Minuten bei 138 bpm – soweit kein Problem. Das drückende Wetter der letzten Wochen hielt weiter an. Und auch heute stieg die Temperatur wieder auf über 30°. Vereinzelt gibt es zwar kühle und bedeckte Phasen, aber sobald die Sonne durchkommt, heizt es unglaublich schnell auf. Von Nord-Westen her kommt eine grosse Front auf mich zu und ich freute mich auf die Abkühlung. Bereits an den letzten beiden Tagen hatten wir heftige Gewitter am Abend. Aber im Moment lässt der Regen noch auf sich warten.

Das Piepen der Uhr kündigt die nächste Phase an – jetzt ist es so weit, 21 Minuten leiden bei der Hitze. Bereits nach 2 Minuten in der gewünschten Zone (ca. 158 – 172 bpm) bereue ich, auf meine Uhr gehört zu haben. Das Wetter ist einfach nicht geeignet für so lange Phasen mit so hohem Puls. Kurze Sprints oder Steigerungsläufe mit Pausen dazwischen, OK! Aber nicht das hier!! Es hilft nichts, entweder ich beende die Session und trabe langsam zurück, oder ich ziehe es durch!

Wer hat sich denn für das Training entschieden? War da nicht was mit Motivation und ein Ziel vor Augen haben? Los, da muss ich jetzt durch! Also tue ich, was ich in solchen Situationen immer tue, ich überbrücke meine Zeit mit kleinen Zwischenzielen. Nur noch bis zu diesem Baum, noch bis zur Kurve, noch bis zum nächsten Schatten, und so weiter. Wie heisst es so schön, auch die längste Reise startet mit dem ersten Schritt. Ich schaffte es bis ca. 12 Minuten, dann brauchte ich eine Verschnaufpause. Der nächste Schatten ist in Sicht und ich steuerte ihn direkt an. Es braucht nicht viel, aber 2 Minuten durchatmen und ein paar Schluck Wasser. Letzteres ist zwar mittlerweile auch alles andere als kühl und erfrischend.

Die nächsten Minuten gehen unverändert weiter, auch hier muss ich mich durch das Training quälen. Irgendwann gestehe ich mir ein, dass ich diese Pace und Herzfrequenz nicht aufrecht halten kann – nicht heute und nicht bei diesem Wetter. Ich legte Phasen ein, in denen ich gehe, anstatt zu laufen. Aber zumindest komme ich weiterhin vorwärts.

Erleichtert nehme ich das Piepen wahr, und die letzte Phase startet – erneut 10 Minuten bei 138 bpm. Jetzt schlägt aber mein Puls so hoch, dass ich Mühe habe, ihn beim Laufen wieder auf das Niveau runter zu kriegen. Ich verlangsamte mein Tempo massiv, um meinem Körper zu signalisieren, dass er herunterfahren kann.

Aber egal wie langsam ich laufe, es dauerte lange, bis mein Puls sich beruhigt. Der nächste Abschnitt verläuft der Strasse entlang. Nach ein paar hundert Meter führte die ebene Strasse bergab. Endlich kommt auch mein Puls runter und stabilisiert sich zwischen 135 – 140 Schläge pro Minute. Als die 10 Minuten zu Ende gehen, erklingt das Piepen, um zu signalisieren, dass mein Training zu Ende ist. Ich habe weitere 6-7 Minuten, bis ich zu Hause ankomme. Als ich das Training beende und mich in den Schatten setze, dauerte es lange, bis mein Körper aufhört zu schwitzen.

Es war eine harte Einheit und ich bin glücklich, dass ich sie ohne Beschwerden hinter mich gebracht habe. Aber ich nehme mir vor, erst wieder mit so harten Einheiten loszulegen, wenn die Hitze der letzten Tage nachgelassen hat. Es macht mir nichts aus, Dauerläufe zu absolvieren, Höhenmeter einzubauen, Steigerungsläufe und Sprints zu laufen. Aber Einheiten mit so langen Abschnitten bei >80 % Puls, passt nicht zu Temperaturen über 30 °C.

Lesson learned 👍🏼

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