Trail Event #1

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Ganz so hätte ich mein erstes Trail Event nicht erwartet! Mir war bewusst, dass es viele Menschen haben wird und dass die 31K eine beliebte Distanz sind. Aber, dass sich so viele Menschen an den Start begeben und dicht zusammen stehen, macht mich Anfangs ein wenig nervös.

Werde ich den Lauf schaffen? Natürlich … zur Not dauert es länger als erwartet, aber ich werde mit Sicherheit ins Ziel kommen. Zumal ich die letzten 12 Wochen hart trainiert habe, um meine Kondition zu steigern. Und ich war vermehrt auf kleinen Pfaden und in Berggebieten unterwegs. Also bin ich sicher, dass ich den Lauf überstehen werde.

Nun ist es so weit! Der Sprecher animiert die X-hundert Läufer dazu, in die Knie zu gehen, um anschliessend hoch zu schnellen und er macht Videos davon. Er animiert die Leute dazu, Lärm zu machen. Kurz darauf geht das Rennen mit einem Knall los und die ganze Herde begibt sich auf den Weg. In den nächsten Stunden werden wir die knapp 33 Km und ca. 1400 Höhenmeter hinter uns bringen.

Bisher war es nur ein Kribbeln, aber jetzt bin ich regelrecht nervös. Ich bin es nicht gewohnt, in einer Gruppe von mehreren Hundert Läufern zu rennen. An den meisten Tagen begegnet mir bei meinen Trainings kein einziger Mensch. Aber so wie es im Moment aussieht, werde ich heute permanent von anderen Läufern umgeben sein. Ich konzentriere mich darauf, dem Läufer vor mir nicht auf die Schuhe zu treten. Gleichzeitig muss mich an sein Tempo anpassen und werde Links und rechts überholt. Der vor mir ist ein wenig zu langsam, also blicke ich mich um, damit ich ihn überholen kann. Während ich links vorbeiziehe, merke ich, wie er schneller wird.

Gleichzeitig zieht ein Paar, die beide den gleichen Dress tragen an mir vorbei. Sie versuchen, in den vorderen Teil der Gruppe zu gelangen. Ich blicke mich nach meinem Freund um, der mich zum Trail Event mitgerissen hat und sehe, dass er ca. hundert Meter vor mir läuft. Mir ist klar, dass er schneller laufen wird als ich und wir haben im Vorfeld besprochen, dass jeder sein eigenes Tempo geht.

Jetzt macht die Strasse eine leichte Biegung und ich sehe, wie die Gruppe ca. 300 Meter vor mir nach rechts in Richtung Hügel ansteigt. Ungläubig blicke ich auf meine Uhr – wie kann es sein, dass mein Puls bereits bei 160 Schlägen steht. Ok, ich habe mich schon beim Start leicht gestresst gefühlt, aber dass meine Pumpe im flachen bereits so hoch dreht, passt mir gar nicht. Ich versuche, meine Atmung zu beruhigen. Aber gleichzeitig startet auch der Anstieg und das Laufen wird anstrengender. Wenigstens zieht der leichte Anstieg die Gruppe weiter auseinander. Und es fühlt sich nicht mehr an, als würde man in einer Herde Tiere rennen, die von etwas gejagt werden.

Sobald es in den Wald geht, wird der Pfad schmaler. Die Regenfälle der letzten Tage haben das Terrain aufgeweicht. Jetzt zeigt sich auch, dass bereits Hunderte, wenn nicht Tausende von Läufern aus allen Kategorien hier durchgerannt sind. Das Resultat, der Pfad besteht ausschliesslich aus matschiger Erde. Links und rechts davon ist er dicht bewachsen mit Sträuchern, Bäumen und Brennnesseln. Es gibt also keinen Weg daran vorbei und die vorher so dichte Gruppe, hat sich zu einer langen Warteschlange gebildet. Einer nach dem Anderen erklimmt den Hügel.

Sobald das schlammige Stück hinter mir liegt, geht es zwar immer noch bergauf, aber ich kann endlich für mich laufen. Ich habe nicht mehr das Gefühl von Läufern hinter mir gejagt oder von anderen vor mir ausgebremst zu werden. Meine Uhr zeigt 6.85Km und das Herz hämmert in meiner Brust. Ich stelle mich kurz an den Wegrand, um ein wenig durchzuatmen. Das erste Waldstück liegt bereits hinter mir und es geht weiter den Hügel hoch. Jedoch für die nächsten paar Hundert Meter auf einer asphaltierten Strasse. Ein paar Helfer, regeln den Verkehr und einzelne Zuschauer sitzen am Wegrand und feuern die Läufer an.

Kurz darauf verlassen wir die Strasse und folgen einem Trail durch grüne Wiesen. Jetzt kommt das Erste mal kommt die Sonne und ich bin froh, trage ich nicht mehr Kleidung. Allmählich haben wir den höchsten Punkt des ersten Anstiegs erreicht und die Wege führen jetzt wieder abwärts. Ich lasse meinen Beinen freien Lauf und trabe den leicht abschüssigen Pfad runter. Langsam habe ich mich an das Getrabe hinter und vor mir gewöhnt. Es hat zwar immer noch Läufer um mich, aber ich renne absolut in meinem eigenen Tempo, ohne mich von anderen stressen zu lassen.

Den ersten Verpflegungsposten sollten wir bereits nach 10 Km erreichen. Zu diesem Zeitpunkt ging es aber weiterhin bergab und ich war noch nicht am tiefsten Punkt vor dem nächsten Anstieg angekommen. Als der Trail im Zick-zack den Wald runter schlängelte, und wir unten an ein Flussbeet vorbei kamen, hörte man laute Musik. Der Sound wurde über Lautsprecher bei der ersten Aid Station abgespielt Als ich den Posten erreichte, stand meine Uhr bei knapp 12 Km.

Die Verpflegung war der Hammer! Käse, Trockenfleisch, frische Früchte und vor allem zuckerhaltige Getränke geben mir neue Energie für die nächsten Kilometer. Als ich den Posten hinter mir lasse, ging es auch gleich wieder steil bergauf. Der kommende Abschnitt führt vorbei an kleinen Wasserfällen, entlang eines Baches und durch waldiges Gebiet. Immer wieder führte die Strecke in höhere Höhen.

Irgendwann konnte ich nicht mehr bergauf laufen und musste eine kurze Pause einlegen. Ich war nicht am Ende meiner Kräfte, musste aber zusehen, dass ich mich nicht überanstrenge. Nach der anfänglichen Euphorie habe ich mich auch zunehmend über den Rucksack genervt. Das Teil sitzt einfach zu lose auf meinem Rücken. Wenn ich bergauf laufe, spielt das nicht so eine Rolle. Sobald es aber bergab geht und man schneller laufen kann, wackelt der Rucksack auf meinem Rücken so stark, dass ich ihn an den Trägern festhalten muss.

Kilometer 18 – der zweite grosse Anstieg hält weiter an und ich kriege das erste Mal Krämpfe in den Oberschenkeln. Was soll das denn jetzt!? Ich laufe seit mehr als 10 Jahren und in all den Jahren habe ich noch nie Krämpfe gehabt. Ich beruhige meine Atmung und entspanne meine Beine für eine Minute. Plötzlich muss ich lachen … was für ein Witz! Das ist nur meine Psyche, die ein Spielchen spielt! Ich bin nicht verletzt und ich laufe oft längere Strecken, als ich bisher gelaufen bin. Ich knete nochmal meine Oberschenkel und laufe wieder los. In diesem Moment habe ich beschlossen, dass es keinen Grund gibt, diesen Lauf noch abzubrechen. Meine Beine können Krämpfe machen, wie sie wollen – das wird mich vielleicht verzögern, aber definitiv nicht aufhalten. Ausserdem ist der Weg zurück länger als der in Richtung Ziel – und damit war das Thema Krämpfe ein für allemal gegessen.

Oben angekommen stelle ich erleichtert fest, dass es jetzt wieder bergab geht. Ich freue mich, dass ich endlich wieder ein wenig Tempo aufnehmen kann. Wenn ich meine gesteckte Zeit erreichen will, muss ich nochmal etwas mehr investieren. Ich trabe während des gesamten Weges bergab und halte nur gelegentlich an für kurze Trinkpausen. Plötzlich ist wieder der Waldrand in Sicht und ich renne kurz darauf ins Freie. Der Himmel ist bedeckt, aber es ist nahezu perfektes Wetter für einen langen Lauf.

Nach ein paar Hundert Metern erreiche ich den zweiten Verpflegungsposten. Ich nehme kurz ein paar Früchte zu mir, trinke zwei Becher kaltes Wasser und ein sehr erfrischendes Focus-Water. Ich hatte mir in den letzten Kilometern vorgenommen, weniger Zeit an Aid Stations zu verbringen. Zum einen, weil es viele Stellen gibt, an denen man kaum überholen kann. Zum anderen, weil ich mich beeilen will, um den Lauf in weniger als 5 Stunden zu beenden. Also verlasse ich die Aid Station in weniger als drei Minuten wieder. Zum Abschluss nehme ich einen Becher kaltes Wasser. Die freundliche Frau, die meinen Cup füllt sagt, dass der nächste Posten bereits in 5 Km kommt.

Gestärkt renne ich weiter – den nächsten Abschnitt bis zur dritten Aid Station gehen die Trails und Wege leichter und ich merke, dass ich noch Energie habe. Zwar gibt es immer noch kurze Anstiege und anstrengende Stellen, aber die steilen Abschnitte werden kürzer. Und kurz darauf folgt immer wieder ein flaches Stück oder eine Treppe, die nach unten führt.

Beim letzten Posten gönne ich mir zwei Becher Wasser und ich laufe los für die letzten 6 Kilometer. Ich steige in schnellem Gang die steilen Stellen hoch. Sobald es flach wird oder abwärts geht, renne ich pausenlos. Dann führt der Waldweg auf ein offenes Feld und der letzte Downhill, bevor der Trail zurück auf die Strasse führt, liegt vor mir. Als Nächstes kommt nochmal ein schlammiger Abschnitt. Ich muss mich konzentrieren, um mich nicht kurz vor dem Ziel noch hinzupacken. Während ich mich durch die schlammige Stelle kämpfe überhole ich eine Frau, die etwas an Tempo verliert. Ich feuere Sie an, nochmal Gas zu geben für den Endspurt.

Sobald dieser Abschnitt hinter mir liegt, lege ich einen Zahn zu. Das finale Stück führt die jetzt asphaltierte Strasse entlang eines kleinen Flusses. Ich habe das Ziel kurz vor mir und spurte – sofern man das noch so nennen kann – zum Ziel. Als ich um die lange Biegung zur Zielgeraden komme, erblicke ich meinen Kumpel, der mir zuruft und mich für das letzte Stück anfeuert! Als ich über die Ziellinie renne, klatsche ich mich mit ihm ab und wir feiern das tolle Event!

YES … I MADE IT!

Als erstes setze ich mich hin und ruhe mich aus. Das Gefühl, das ich in den nächsten Minuten hatte, war unglaublich schön. Es ist eine super Erfahrung, etwas zu schaffen, auf das man so lange hin trainiert hat.

Nach ein paar Minuten stehe ich auf und hole mir am Getränkestand nebendran einen Becher Cola. Wow… eine eiskalte Cola fühlt sich an wie Gott’s süsser Nektar. Ich trinke 1-2 weitere Becher und nach ein paar Minuten sitzen und liegen, komme ich langsam wieder zu Kräften! 😉

Eines, das ich zum Swiss Canyon Trail noch anmerken möchte ist: Dieses Trail Event war absolut klasse organisiert. Die Strecken waren super beschildert. Die Verpflegungsposten waren sehr gut bestückt. Die Helfer als freundlich und hilfsbereit zu bezeichnen, wäre eine extreme Untertreibung! Und nicht zu vergessen, sind all die freiwilligen Helfer und zahlreichen Zuschauer! Ihr Anfeuern hat uns Läufer angetrieben und motiviert!

DANKE dafür @ swisscanyontrail !!!

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